Die neue Matratze – Kolumne

Kürzlich habe ich gelesen, dass eine Matratze eine Lebensdauer von 8 Jahren habe, dann hänge sie durch. Da die meine in dem Fall bereits mehr als einmal durchgehangen ist, begebe ich mich kurz darauf  in die Matratzen-Abteilung eines lokalen Möbelhauses. Angesichts der Schlaflandschaft mit Modellen mit Querbelüftungssystem, bombierter Mittelzonenverstärkung und Sandwichbauweise, Multi-Zonen-Profilkern mit Elypsenbelüftungskanälen, ergonomischem Silhouettenschnitt und Querprofilierung in der Schulterzone, druckpunktativer Körperanpassung und flexiblem 5-Komfortzonen-Profilkern fühle ich mich leicht überfordert und frage mich gerade, ob ich nicht doch lieber weiter etwas durchhängen sollte, als der Fachmann auftaucht. Am besten einfach mal drauf liegen, sagt er, also lege ich mich auf dicke und weniger dicke, weiche und halbweiche, es fühlte sich keine an wie die meine, aber auch nicht wirklich besser.  „Federkern“, sagt er bei der einen, „da schwören viele drauf“.  Das tönt gut, irgendwie altmodisch vertraut, Federkern, da weiss man, was man hat! Fühlt sich eigentlich auch ganz gut an. Ob ich Probleme hätte mit Metall, fragt der Fachmann, „so wegen Wasseradern“. „Ach so“, sage ich, daran hab ich nicht gedacht“ und denke gleich eine Weile daran.

Im nächsten Modell sei Sepp drin, sagt der Berater, „zum selben Preis“, frage ich und ob ich dann einen aussuchen könne. Nicht Sepp, sagt er, SEP, Schulter-Entspannung-Plus.
Trotz Hang zu Federkern probiere ich SEP, während meine Gedanken kreisen. Man hört ja doch so einiges über Wasseradern. „Und hier eine Weltneuheit“, sagt der Fachmann, diese Matratze verwandle über Nacht meine Energie und gebe sie mir erneuert zurück. Ich glaube nicht, dass ich zusätzlich zu meiner täglichen, recht grosszügig vorhandenen Energie auch noch die erneuerte des Vortages brauche, also mindestens schon mal ein Modell, das nicht in Frage kommt. Federkern und Wasseradern spuken weiter in meinem Kopf herum. Rein linguistisch gesehen gefällt mir die Vorstellung einer Federkern-Matratze viel besser als jene eines Modells aus einem dieser unverständlichen Materialien, nur sollte man wohl eine Matratze nicht unbedingt aus linguistischer Sicht betrachten.

Damit aber nicht genug: Ich brauche auch einen neuen Lattenrost: Die beste Matratze nützt nichts, wenn dieser weiter durchhängt. Jetzt beginnt das Ganze von vorne: Will ich eine flexible Lagerung in jeder Schlaf- und Arbeits(?)position, eine revolutionäre Federung aus ermüdungsfreiem Hytrel-Kunststoff mit grosser Federung  bei niedriger Bauhöhe, braucht es eine kabellose Funksteuerung mit programmierten Speichertasten, eine Notabsenkung bei Stromausfall, reicht ein Federweg von 30 mm und kann ich mit folierten Spanplatten schlafen? Und bin ich eine Bauch- oder doch eher ein Hohlrückenschläferin?

Ich entscheide mich fürs einfachste Modell bei den Lättli, gegen SEP bei der Matratze, gegen die Energie-Rückführung und ja, auch gegen die Federkerne, man setzt ja nicht aus Sentimentalität einen nicht allzu schlechten Schlaf aufs Spiel! Ich tröste mich damit, dass die neue mindestens das abdeckt, was sich jeder wünscht: e tüüfä gsundä Schlaf, in der weichen Ausführung, bis 80 kg, da liege ja noch so einiges drin, sagt der Fachmann, im wahrsten Sinne des Wortes, denke ich.

Er holt dann bei mir zu Hause noch die nötigen Masse ein. Ein Blick, ein gezielter Griff in meine alte Matratze: „Aha“, sagt er “Federkern“!

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