Besetzung: Tanzstück von Enrique Gasa Valga . Libretto von Enrique Gasa Valga und Katajun Peer-Diamond . Musik interpretiert von Lila Downs, Brigitte Fassbaender, Chavela Vargas, Buika u. a.
Frida Kahlo . Pilar Fernández Sánchez, Camilla Danesi, Lara Brandi, Chiara Ranca
Leo Trotzki Yulian Botnarenko, Federico Moiana
Fridas Vater Martin Segeta, Emanuele Chiesa
Diego Rivera Gabriel Marseglia, Nicola Strada
Der Tod Balkiya Zhanburchinova, Sayumi Nishii
Fridas Schwester Brígida Pereira Neves, Camilla Danesi
Josephine Baker Addison Ector
Ensemble Tanzcompany des TLT
Rezension:
Das gefeierte Tanzstück als Porträt der mexikanischen Malerin erlebt nach seinem unglaublichen Erfolg 2011 fast unverändert ein Comeback in den Kammerspielen in Innsbruck. Innsbrucks Ballettchef Enrique Gasa Valga begeistert einmal mehr.
Die Bühne, wahlweise ein grosses, lichtdurchflutetes Zimmer mit Fenstern und Flügeltüren oder ein Platz mit Häuserfassaden, ist in ein sanftes Hellblau getüncht, Frida Kahlo als junges Mädchen in blütenreinem Weiss schwebt über die Bühne, mit unglaublicher Leichtigkeit, unbändiger Lebensfreude und Sorglosigkeit. In der kurzen Pause zum nächsten Bild ertönt ein Quietschen, Krachen und Knirschen, Geräusche des schrecklichen Unfalls, welchen Frida erlitt und an dessen Folgen sie ihr Leben lang leiden musste. Im nächsten Bild steht sie ganz alleine mitten auf der Bühne, in einem blutroten Samtkleid, unglaublich einsam, verloren und verletzlich, ein Rollstuhl wird hereingeschoben, sie setzt sich mühsam drauf und schaut zu, wie die anderen um sie tanzen.
Farbsymphonie
Das sind zwei der insgesamt 27 Bilder in zwei Akten, welche in diesem Tanztheater die Geschichte der Frida Kahlo erzählen. Zwei unglaublich starke Bilder, überhaupt lebt dieses Ballett von seinen Bildern, von den farbenfröhlichen Kostümen (Andrea Kuprian) und den wunderschönen Lichteffekten (Michael Reinisch), die die Bühne wahlweise in unschuldiges Weiss, leidenschaftliches Rot, verhaltenes Grau tauchen und immer wieder neue Effekte erzeugen.
Dazu gibt es Einspielungen von Fotos aus Fridas Leben, von ihren Bildern, kurze Filmsequenzen, Texte, die entweder im Off oder von den Tänzerinnen gesprochen werden, Liedern, die sie teilweise auch selber singen. Es ist ein Gesamtpaket über diverse Stationen im Leben dieser unkonventionellen Frau und Malerin: Diego Rivera und Frida, die Hochzeit, die Affäre Diegos mit Fridas Schwester Cristina, Fridas Affäre mit Josephine Baker, ihre Reise nach Paris, nach New York, ihre Begegnung mit Trotzki, ihr politisches Engagement und schlussendlich ihr früher Tod. Dies zu Musik aus allen Sparten, von Mariachi über Kurt Weill bis hin zu Brahms.
Das Programmheft gibt Hinweise und Informationen, die man vorgängig lesen sollte, es lohnt sich, wenn man sich etwas auskennt im bewegten Leben der Frida Kahlo, denn es gibt unzählige Anspielungen im Stück. Versteht man diese nicht, kann man sich aber auch einfach den wirklich wunderschönen Bildern hingeben, die Enrique Gasa Valga auf die Bühne der Kammerspiele zaubert. Die Szenen mit dem Ensemble sind meist fröhlich ausgelassene Tanzsequenzen, die Solos und Pas-de-deux eindrücklich, leidenschaftlich und gefühlvoll. Und wenn Frida ihre Wut und Enttäuschung über Diegos Affären auslebt, ist das Verzweiflung pur, beinahe greifbar.
Die zwei Fridas
Auf der Bühne sind oft zwei Fridas (Maria Pilar Sanchez und Lara Brandi). Die Künstlerin erklärte die beiden Fridas in ihrem gleichnamigen Gemälde als Ausdruck ihrer Dualität. Die beiden Tänzerinnen sehen sich zum Verwechseln ähnlich, zierlich aber stolz, fragil und dennoch kraftvoll. Oft sitzt oder steht die eine reglos am Rande, als Trösterin oder Bewacherin, während die andere tanzt, manchmal tanzen sie gemeinsam, dann mutet es an wie ein Spiegelbild.
Viva la Vida
Das Tänzerensemble überzeugt auf der ganzen Linie, Gabriel Marseglia gibt einen leidenschaftlichen Diego, Yulian Botnarenko einen energischen Trotzki und Addison Ector eine exzentrische Josephine Baker. Das Stück endet mit Fridas letztem Bild: Wassermelonen rollen über die Bühne, im Hintergrund erscheint das Bild «Viva la Vida», Diego Rivera sitzt auf einer Bank, aus seinem Mund tropft der Saft der Melonen, farblich ist alles so abgestimmt, als gehöre es zum Bild.
Nueva Pasión ist ein Gesamtkunstwerk, alles greift ineinander über, ergänzt und vervollständigt sich. Die Bilder bleiben einen noch weit über den tosenden Schlussapplaus an der Premiere im Kopf.
Die ursprünglich angesagten Aufführungen bis März 2019 sind alle ausverkauft, zusätzliche Termine im Oktober 2019 ebenfalls schon gut gebucht.
Text und Fotos
Kleine Fotodiashow der Produktion von Rupert Larl:
Fotos und Video
www.haus-der-musik-innsbruck.at